1. Die Obhutshaftung des Luftfrachtführers nach Art. 18 Abs. 1 und 3 MÜ kommt auch dann noch in Betracht, wenn das Gut nach der eigentlichen Luftbeförderung vom Flughafengelände mit einem Landfahrzeug zu einem außerhalb des Flughafens gelegenen Lager des Luftfrachtführers gebracht wird, in dem es anschließend abhandenkommt.
2. Auf die Vermutungsregel des Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ kann sich nicht nur der Geschädigte, sondern auch der wegen Beschädigung oder Verlusts von Transportgut in Anspruch genommene Luftfrachtführer berufen.
1. Hebt der Luftfrachtführer in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen besonders hervor, dass er seine Dienstleistungen allein auf der Grundlage der Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen erbringt, so werden diese grundsätzlich mit Vorrang in den mit einem Auftraggeber geschlossenen Beförderungsvertrag einbezogen.
2. Dadurch, dass in Nr. 23.1.2 ADSp auf den »gesetzlich festgelegten Haftungshöchstbetrag« verwiesen wird, ist auch die in Art. 22 Abs. 3 Satz 1 MÜ angeordnete Haftungsbegrenzung eine »vorstehende Haftungsbegrenzung« i.S. von Nr. 27 ADSp, auf die sich der Luftfrachtführer bei Vorliegen der Voraussetzungen für ein qualifiziertes Verschulden nicht berufen kann (Nr. 27.2 ADSp).
3. Sind die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen mit Vorrang in den mit dem Luftfrachtführer geschlossenen Beförderungsvertrag einbezogen worden, stellt Nr. 27.2 ADSp einen Verzicht auf die Haftungshöchstbeträge i.S. von Art. 25 MÜ dar.
Ein dänischer Transportversicherer kann ein in Deutschland ansässiges Luftfrachtunternehmen wegen des Verlusts von Transportgut während der Luftbeförderung aus übergegangenem Recht nur beschränkt bis zu einem Betrag von 17 Sonderziehungsrechten pro Kilogramm in Regress nehmen, wenn dem Beförderungsvertrag die Bestimmungen des Warschauer Abkommens zugrunde liegen. Das Fehlen einer ausführlichen Dokumentation des Schadenshergangs oder etwaiger Maßnahmen zur Sicherstellung seitens des Schädigers bewirkt keine Durchbrechung der Haftungsbeschränkung, soweit das Abkommen in der Fassung des Montrealer Zusatzprotokolls gilt.
Art. 28 Abs I WA (1955); Art 28 EGBGB
Ist der Luftfrachtführer dem Empfänger wegen des Verlusts von vertretbaren Sachen als Transportgut unter Anwendung deutschen Rechts zum Schadensersatz verpflichtet, bemisst sich die Höhe des zu ersetzenden Schadens grundsätzlich nach den von dem Empfänger für die Wiederbeschaffung gleichwertiger Sachen aufzuwendenden Kosten; ein Anspruch auf Schadensersatz i. H. des für Kunden des Empfängers maßgeblichen (höheren) Wiederbeschaffungswerts besteht nur, wenn der Empfänger seinerseits seinen Kunden gegenüber in diesem Umfang zum Schadensersatz verpflichtet ist.
WA 1955 Art. 13 Abs. 3, Art. 18 Abs. 1
Die bloße Übernahme des Frachtgutes stellt keine die Zahlungspflicht des Empfängers gemäß § 421 Abs. II S. 1 HGB begründende Geltendmachung des Rechtes auf Ablieferung
§ 421 HGB
1. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verlustes von Transportgut nach den Bestimmungen des Warschauer Abkommens (WA) auf Schadensersatz in Anspruch.
2. Die Vorschrift des Art. 29 WA verdrängt als lex specialis die nationalen Vorschriften des allgemeinen Frachtrechts über die Verjährung (hier: §§ 439, 414 HGB a.F.).
Art. 29 WA, §§ 439, 414 HGB a.F.
1. Zur Haftung nach §§ 44 bis 51 Luftverkehrsgesetz bei einem sogenannten „Schnupperflug“. Ansprüche gemäß den §§ 44 ff. des Luftverkehrsgesetzes kommen nicht in betracht, da bei einem Schnupperflug keine Beförderung im Sinne des Luftverkehrsgesetzes vorliegt.
2. Deliktische Schadensersatzansprüche nach §§ 823 ff. BGB bleiben hierbei unberührt.
§§ 44 bis 51 Luftverkehrsgesetz, §§ 823 ff. BGB
Der Kunde eines Luftfrachtunternehmens muss bei Abhandenkommen von Teilen seiner Ware aus den Lagerhallen des Transporteurs am Flughafen innerhalb von zwei Jahren Ersatzansprüche geltend machen, sofern das Warschauer Abkommen anwendbar ist. Ein dem Abkommen unmittelbar unterfallender Verlust “auf dem Flughafen“ ist anzunehmen, wenn er nach Wareneinlagerung in Hallen erfolgt, die funktional dem Flugbetrieb zuzuordnen sind. Dies ist der Fall, wenn die abgefertigten Sendungen unmittelbar aus den Lagerhallen ohne einen anderen Verkehrsbereich zu durchqueren an das Bodenverkehrsunternehmen übergeben werden, das sie zu den Flugzeugpositionen bringt.
Art.29 Abs.1; Art. 18 WA(1955); § 439 Abs. 1 S. 1, § 459, § 463 HGB
Die Ausstellung eines Luftfrachtbriefs sowie das Akzeptieren einer solchen Beförderungsart durch die Versenderin per Unterschrift deuten auf die stillschweigende Vereinbarung eines Luftbeförderungsvertrages hin. Wurde ein solcher Vertrag geschlossen, hat der Luftfrachtführer den Schaden zu ersetzen, der während der Luftbeförderung an den Gütern eingetreten ist. Allerdings muss der Empfänger im Falle einer Beschädigung gegenüber dem Luftfrachtführer unverzüglich nach Entdeckung des Schadens Anzeige erstatten, bei Gütern jedenfalls binnen 14 Tagen. Wird die Anzeigefrist versäumt, ist jede Klage gegen den Luftfrachtführer ausgeschlossen. Bestehende Ansprüche werden unklagbar bzw. erlöschen materiell-rechtlich.
Art. 1, 18; 31 MÜ
Zur Frage einer Haftung des Luftfrachtführers bei Brand im Zolllager (Flughafen Istanbul) bei vorliegen einer Unbedenklichkeitsbescheinigung der Feuerwehr und behördlicher Betriebsgenehmigung. Der Luftfrachtführer, der selber keine eigene Luftfahrtfahrzeuge hat, kann Luftfrachtführer nach dem Warschauer Abkommen sein. Auch nach Ablieferung des Gutes beim Empfänger, kann der Absender Schadensersatzansprüche geltend machen. Eine doppelte Inanspruchnahme des Luftfrachtführers findet nicht statt, da Empfänger und Absender Gesamtgläubiger sind. Der Luftfrachtführer darf auf die Unbedenklichkeitsbescheinigung der nationalen Behörden (Feuerwehr/Ordnungsbehörden) vertrauen. Der Luftfrachtführer ist gemäß Art 20 WA nicht verpflichtet weitere Recherchen vorzunehmen und Untersuchungen zu veranlassen.
Art 20 WA
1. Der Luftfrachtbrief (Art. 5 WA 1955) dokumentiert das Vertragsverhältnis zwischen Absender und Luftfrachtführer. Überträgt der Luftfrachtführer den Transport einem Dritten als Unterfrachtführer, sind für die beiden Vertragsverhältnisse ( Absender- Luftfrachtführer einerseits und Luftfrachtführer- Unterfrachtführer anderseits) zwei verschiedene Luftfrachtbriefe erforderlich.
2. Der im Verhältnis zum Unterfrachtführer ausgestellte Luftfrachtbrief führt gemäß Art. 9 WA 1955 die Haftungsbeschränkung nach dem Warschauer Abkommen nur im Verhältnis zwischen Luftfrachtführer und Unterfrachtführer herbei, nicht jedoch im Verhältnis zwischen Absender und Luftfrachtführer.
Art. 5 und 9 WA 1955
1. Das Bodenpersonal eines Flugunternehmens handelt nicht leichtfertig im Sinne des Art. 25 WA, wenn es den Wunsch des Fluggastes, einen 20 kg schweren Hartschalenkoffer wegen des hohen Wertes des Inhalts als Handgepäck mit in die Flugzeugkabine zu nehmen, abschlägig bescheidet und den Fluggast auf die Gepäckaufgabe verweist.
2. Die dabei geäußerte Zusicherung des Bordpersonals, der Fluggast werde den Koffer unbeschadet zurückbekommen, stellt keine rechtsverbindliche Erklärung dar.
3. Die sog. sekundäre Darlegungslast des Luftfrachtführers besteht nicht, wenn der Anspruchssteller keine oder nur unschlüssige Anhaltspunkte für ein leichtfertiges oder vorsätzliches Verhalten der Leute des Flugnehmers vorgetragen hat.
1. Zur Geltung des WA 1955 bei Versendung von Deutschland in die USA.
2. Bedeutung von Zu- und Ablieferungsdiensten bei internationalem Luftfrachtbrief.
3. Bedeutung der Gewichtsangabe im internationalen Luftfrachtbrief 4. fehlende Wertdeklaration (Fehlen einer entsprechenden Rubrik im Luftfrachtbrief; Frage des Mitverschuldens und Wechselspiel zwischen Art. 22 II a und Art. 25 WA 1955; Kausalitätsfrage).
5. Zum Zustandekommen eines Abfindungsvergleichs bei wiederkehrender Versendung schriftlicher Abfindungsangebote samt Scheck (§ 1 AGBG, krasses Missverhältnis zwischen Scheck- und Schadensbetrag).
6. Zur Anwendbarkeit des Art. 26 II, IV WA 1955 bei Totalverlust.
1. Zur Abgrenzung der Haftungstatbestände der Artikel 18 und 19 WA vom nationalen Leistungsstörungsrecht in dem Fall, dass aufgegebenes Reisegepäck nicht zum Zielflughafen befördert wird, sondern außer Kontrolle gerät und schließlich zum Abflughafen zurückgelangt.
2. Zur vertraglichen geschuldeten Luftbeförderung gehört auch, dass auf den angeflogenen Flughäfen außer Kontrolle geratenes Reisegepäck oder Frachtgut sichergestellt und nachgesandt oder, wenn dies nicht oder nicht rechtzeitig möglich ist, zumindest aufbewahrt wird. Soweit sich die Luftfrachtführer zur Erfüllung dieser Aufgaben der bei den Flughäfen eingerichteten Fundbüros bedienen, rechnen deren Mitarbeiter zu den "Leuten" der Luftfrachtführer i.S.d. Artikel 20 und 25 WA
Artikel 18-25 WA
1. Wissen sowohl Frachtführer als auch Versender, dass der Transport, mit dem der Frachtführer beauftragt wird, eine nicht unerhebliche Strecke auf dem Landweg durchgeführt wird, verabreden sie konkludent eine multimodale Beförderung, auch wenn die AGB des Frachtführers besagen, dass die Beförderung per Luftfracht vereinbart wird.
2. Auf die Vermutung von Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ kann sich nicht nur der Versender berufen. Behauptet aber der Versender, dass der Verlust nicht während der Luftbeförderung eingetreten ist, ist der Frachtführer nach Treu und Glauben gehalten, zu den Umständen des Transports und des Verlustes detailliert vorzutragen. Kommt der Frachtführer seiner Obliegenheit (sekundären Darlegungslast) nicht nach, ist der Gegenbeweis zur Widerlegung der Vermutung von Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ als geführt anzusehen.
Verträge, in denen nicht der Beförderungserfolg selbst, sondern nur die Beauftragung Dritter mit der Ortsveränderung versprochen wird, fallen dann unter den Anwendungsbereich des Warschauer Abkommens, wenn der Vertragspartner auf eigene Rechnung die Beauftragung Dritter versprochen hat. So ist auch der Luftfrachtführer, der über keine eigenen Luftfahrzeuge verfügt, dem Warschauer Abkommen unterworfen.
Selbst dann, wenn die Aktivlegitimation nach Ankunft des Gutes auf den Empfänger übergegangen ist, bleibt der Absender schadensersatzberechtigt. Zwischen Absender und Empfänger besteht Gesamtgläubigerschaft, so dass eine doppelte Inanspruchnahme des Luftfrachtführers ausgeschlossen ist. Bei der Nutzung eines Lagers kann ein Luftfrachtführer im Ausland auf Nutzungsgenehmigungen und feuerpolizeiliche
Unbedenklichkeitsbescheinigungen der nationalen Behörden vertrauen. Zur erfolgreichen Führung des Entlastungsbeweises nach Art. 20 WA (Ergreifen aller erforderlichen Maßnahmen zur Verhinderung des Schadens) braucht er keine eigenen diesbezüglichen Untersuchungen anzustellen.
Ziffer 27 ADSp enthält einen Verzicht im Sinne von Art. 25 MÜ auf die Haftungsbeschränkungen in Art. 22 Abs. 3 MÜ
Art 22, 25 MÜ, Zif. 27 ADSp